Es gehört zu den alten Börsenweisheiten, dass kurz vor einem Börsen-Crash die breite Bevölkerung angestachelt wird in Aktien zu investieren, damit Banken, Hedgefonds und reiche Investoren ihre eigenen Aktien loswerden. Nun scheint es wieder soweit zu sein – die deutsche BILD Zeitung proklamiert in ihrem Finanz-Ratgeber „Aktien sind zurzeit die beste Geldanlage„.
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Aktuell scheinen sich Aktien-Empfehlungen mit Negativmeldungen abzuwechseln. Dazu kommen noch spezifische Aktien-Tipps in Marken mit hohen Sympathiewerten bei Bild-Lesern wie z.B. die Ferrari Aktie. Doch damit nicht genug. In weiteren Meldungen wird auch aktiv Stimmung gegen „normale“ Sparprodukte gemacht, da dort Verwaltungskosten und Provisionen den Sparerfolg mindern.
Im Artikel weist BILD zwar auch auf die Risiken eines Aktien-Investments hin, doch bleibt die Stimmung und die sonstige Berichterstattung der Zeitung durchwegs positiv gegenüber diesem Investment.
Doch die BILD ist nicht alleine, auch andere Magazine empfehlen Aktien, wie z.B. FOCUS Online Money.
Im Text wird zwar klar darauf hingewiesen, das eine Börsenanlage nie risikolos ist und die sicherste Geldanlage ein Sparbuch ist, man jedoch durch die Inflation dadurch praktisch Geld verliert. Wer Geld verdienen möchte, sollte jedoch den richtigen Charakter haben, wie es scheint:
Wer viel Geld an der Börse verdienen will, muss auch sein Risiko erhöhen. Ihr Charakter bestimmt, wie weit Sie gehen können.
Faktencheck – Liegen die Verlage richtig oder soll ich Aktien verkaufen?
In vielen Punkten haben die Beiträge tasächlich Recht – Aktien hatten in den vergangenen Jahren eine super Performance und für Tagesgeld und Festgeld – und schon gar nicht auf dem Girokonto – bekommt man nur sehr geringe Zinsen.
Nicht ganz korrekt sind allerdings die damit verknüpften Annahmen: Nicht nur die Zinsen sind aktuell niedrig, sondern auch die Inflation. Diese lag im Oktober 2015 im Vergleich zum Vorjahr in Österreich nur bei 0,7% und ist somit sogar nahe an der Deflation.
Auch ist die bisherige Performance von Aktien an der Börse kein Garant dafür, dass sie sich auch weiterhin so entwickeln werden. Im Gegenteil – Meist kommt es zu einem zyklischen Kursverlauf, bei dem nach einem langen Aufwärtstrend – meist nach einer etwas holprigeren Phase mit vielen Auf und Abs – wieder eine Index-Berichtigung stattfindet.
Diese „Börsencrashs“ werden oft mit verschiedenen „Blasen“ verknüpft. Internet-Bubble, Immobilien-Blase, etc. Viele gehen davon aus, dass wir uns zurzeit in einer Technik-Blase befinden. Doch muss dies nicht so sein.
Der Austrian Traded Index (ATX) hat sich sicherlich defensiver entwickelt wie Börsen in den USA oder auch der DAX. Hier ist der Index noch nicht mal auf dem Niveau vor 2011, bevor die europäische Schuldenkrise begann und alle über den Zerfall der Währungsunion zu spekulieren begannen. Im Vergleich zu Vor-Lehmann-Tagen liegt der ATX immer noch bei knapp 50% des Maximalwertes. Mit ein Grund ist die starke Gewichtung einiger Bank-Aktien die sich in Osteuropa verspekuliert haben, sowie der Verfall des Ölpreises, welcher der OMV nicht unbedingt geholfen hat.
Der Dow Jones in den USA zeigt ein ganz anderes Bild – hier sind die Kurse fast 25% über dem Höchstwert vor Lehmann (2011). Eine Korrektur im August und September um ca. 10% löste erste Panik-Reaktionen bei Anlegern aus. Jedoch ist der Kurs mittlerweile fast wieder auf den vorherigen Kurs gestiegen. Angesichts einer bevorstehenden Leitzinserhöhung der FED bleibt die Zukunft jedoch ungewiss.
Aktien als Krisenwährung doch gut?
Tatsächlich wurde die Geldmenge in den letzten Jahren durch die Schuldenpolitik der Notenbanken extrem aufgeblasen, was theorethisch den Wert des Geldes mindern sollte und „echtes“ Vermögen in Form von Firmen-, Grund- oder Immobilienbeteiligungen verhältnismäßig teurer erscheint, da es den Wert beibehält, auch wenn der „Glauben an den Wert des Geldes“ bei der Bevölkerung schwindet. Einen Grund muss es ja geben, weshalb die Aktienkurse sich in den letzten Jahren so nach oben bewegt haben.
Endzeit-Verschwörungsteorethiker sollten somit aktuell vielleicht tatsächlich in Aktien von Firmen investieren, die ja nach deren Ansicht auch unser Weltgeschehen lenken, da diese auf jeden Fall überleben werden. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit für einen Zusammenbruch unseres Geld-Systems in naher Zukunft doch etwas gering und die Annahme, dass Gewinne aus Aktiengewinnen von den „Mächtigen“ nur monetarisiert werden wollen etwas wahrscheinlicher.
Fazit zum Thema Aktien kaufen – Panik oder nicht?
Ob es nun zu einem baldigen Crash kommt oder nicht kann keiner mit Gewissheit sagen. Panik-Aktionen sowohl was den Kauf oder Verkauf von Aktien angeht sollten jedenfalls vermieden werden. Solide Aktien und Dividenden-Titel mit einem guten Produkt und einer langen Geschichte werden vermutlich auch diesen Einbruch – sollte er stattfinden – überleben und wieder erstarken. Dennoch sollte man genügend Geld „flüssig“ auf einem Tagesgeldkonto halten und auf keinen Fall vom an der Börse angelegten Geld abhängig sein. Sind die Medien mit ihren Pro-Aktien-Kampagnen erfolgreich sollte die Hausse wohl noch ein paar Monate anhalten. Vorsichtige Investoren sollten allerdings den Aktien Anteil in ihren Depots schon etwas verringern oder den Verlust mit Zertifikaten absichern, die die Einlage bis zu einem bestimmten Verlust zu 100% garantieren.
