Seltene Erden sind für viele moderne Technologien unverzichtbar – von Elektroautos über Windkraftanlagen bis hin zur Rüstungsindustrie. Europa ist dabei fast vollständig von China abhängig, wenn es um diese kritischen Rohstoffe geht. Die aktuelle Verschärfung der Exportkontrollen durch China bringt viele europäische Unternehmen in eine ernste Krise. Erste Produktionslinien stehen bereits still, und die Sorge wächst, dass bald ein umfassender Produktionsstillstand drohen könnte.
Chinas Dominanz bei Seltenen Erden
China kontrolliert den größten Teil der weltweiten Produktion und insbesondere die Verarbeitung seltener Erden. Für Europa ist China der zentrale Lieferant, speziell bei schwerer zu gewinnenden Elementen wie Dysprosium oder Terbium. Diese Metalle sind unabdingbar für Hochleistungsmagnete, die in Elektromotoren, Windkraftanlagen und militärischen Systemen eingesetzt werden.
Schon 2010 nutzte China seine Marktmacht, um in einem politischen Konflikt den Export vorübergehend zu drosseln. Heute zeigt sich, dass Europa diese Abhängigkeit bisher nicht ausreichend verringern konnte.
Woher kommen seltene Erden?
Herkunftsländer für die EU weltweit

Weltweit wichtigste Produzenten kritischer Rohstoffe
In Gelb markiert alle Rohstoffe, bei denen China mehr als 70% Marktanteil hat.

Neue Exportkontrollen und politische Hintergründe
Im April 2025 hat China neue Exportkontrollen eingeführt, die für sieben seltene Erden und daraus hergestellte Magnete eine behördliche Genehmigung erfordern. Diese Regelung verkompliziert und verzögert den Export deutlich. Offiziell begründet China die Maßnahmen mit dem Schutz nationaler Sicherheit und dem Verbot, dass die Materialien in der Rüstungsindustrie anderer Länder eingesetzt werden.
Tatsächlich sind die Beschränkungen Teil des laufenden Handelskonflikts mit den USA. Gleichzeitig macht China deutlich, dass auch Europa bestimmte Zugeständnisse im Hightech-Handel machen muss, wenn es weiterhin Zugang zu seltenen Erden erhalten will. So wird der Rohstoffexport zu einem geopolitischen Druckmittel.
Für China selbst ist die Lage problemlos: Die Volksrepublik kann den gesamten Rohstoffbedarf im Inland decken. Für Europa und die USA hingegen sind die Auswirkungen enorm, da etwa 70 Prozent des Weltmarktes für Seltene Erden von China kontrolliert werden. Diese Marktmacht setzt Peking gezielt ein, um politischen Einfluss zu gewinnen.
Auswirkungen auf europäische Industriezweige
Die europäischen Industrien geraten zunehmend unter Druck. Besonders betroffen sind:
- Automobilindustrie: Elektrofahrzeuge benötigen zahlreiche Seltene Erden, vor allem für ihre Elektromotoren. Viele Autozulieferer berichten von gravierenden Engpässen. Ein Zulieferer äußerte sich dazu: „Die ganze Autobranche ist in voller Panik. Wir sind bereit, jeden Preis zu zahlen, wenn wir noch etwas bekommen können.“ Produktionslinien werden bereits reduziert oder zeitweise stillgelegt.
- Maschinenbau und Robotik: Hochleistungsmagnete sind zentral für viele industrielle Anwendungen. Ersatzstoffe fehlen meist, sodass die Branche zunehmend von Lieferungen aus China abhängig ist. Einige Unternehmen ziehen in Erwägung, ganze Motoren aus China zu beziehen, um Produktionsausfälle zu verhindern.
- Windkraftindustrie: Moderne Windkraftanlagen enthalten große Mengen an Seltenen Erden in ihren Generatoren. Ohne Nachschub könnten wichtige Ausbauprojekte verzögert werden.
- Rüstungsindustrie: Seltene Erden sind Schlüsselkomponenten moderner Waffensysteme. Ohne die nötigen Rohstoffe könnten Fertigungen beeinträchtigt und die Verteidigungsfähigkeit gefährdet werden. Auch die in letzter Zeit stark gestiegenen Kurse für Rüstungsaktien wie z.B. Rheinmetall könnten bald unter Druck geraten, wenn keine Einigung mit China gefunden wird.
Die Industrie warnt eindringlich vor einer bevorstehenden „Metallkrise“, die ähnlich gravierende Auswirkungen haben könnte wie die Energiekrise durch Lieferstopps aus Russland. Die Abhängigkeit von China gilt als systemkritisch.
Europäische Abhängigkeit und mögliche Engpässe
Die aktuellen Lieferengpässe zeigen deutlich, wie abhängig Europa von China ist. Viele Unternehmen verfügen nur über begrenzte Lagerbestände, die oft nur wenige Wochen überbrücken können. Die Bearbeitung der Exportanträge in China dauert deutlich länger als früher, was die Situation weiter verschärft.
„Es gibt für die nächsten drei Jahre keine Lösung, außer mit China zu einer Übereinkunft zu kommen“, sind sich Rohstoffimporteure einig. Auch wenn einzelne Unternehmen in begrenztem Umfang wieder beliefert werden, bleibt die Lage angespannt, und ohne eine politische Einigung könnte die Krise schnell wieder akut werden.
Diversifizierung: Alternativen abseits Chinas – aber oft ohne Verarbeitung
Langfristig muss Europa die Abhängigkeit von China reduzieren. Dafür gibt es erste vielversprechende Ansätze:
- Australien verfügt über bedeutende Seltene-Erden-Vorkommen und betreibt mit Firmen wie Lynas Rare Earths die größte Mine außerhalb Chinas. Allerdings fehlen dort bislang umfangreiche Verarbeitungsanlagen.
- Kanada und die USA bauen ihre Förderkapazitäten aus. In Kanada gibt es Projekte, die mit Unterstützung der EU entwickelt werden, während in den USA alte Minen wiederbelebt werden. Allerdings ist die Verarbeitung der Rohstoffe noch häufig auf China angewiesen.
- Europa selbst hat in Schweden und Grönland Rohstoffvorkommen, deren Erschließung jedoch Jahre dauern wird. Zudem setzt man verstärkt auf Recycling – zum Beispiel von Magnetmaterialien –, um Ressourcen zurückzugewinnen. Dieses Recycling ist allerdings noch ausbaufähig.

Politische Reaktionen auf EU- und Bundesebene
Die EU reagiert mit einem Maßnahmenpaket namens „Critical Raw Materials Act“, um den Abbau, die Verarbeitung und das Recycling von kritischen Rohstoffen innerhalb Europas zu fördern. Ziel ist es, die Versorgung bis 2030 deutlich unabhängiger von Drittländern zu machen. Zudem werden strategische Rohstoffprojekte in befreundeten Ländern gefördert, um stabile Lieferketten zu etablieren.
Auch in Deutschland wird das Thema intensiv diskutiert. Ein Rohstoffexperte warnte im Interview, dass diese Herausforderung die größte Rohstoffkrise seit dem Zweiten Weltkrieg sei. Die Bundesregierung hat einen staatlichen Rohstofffonds aufgelegt, um Beteiligungen an Bergbau- und Recyclingprojekten weltweit zu finanzieren. Dennoch kritisieren Experten, dass der Ausbau zu langsam voranschreitet.
Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich zuletzt erleichtert über diplomatische Fortschritte und betonte: „Es darf nicht zulasten Europas gehen.“ Die Botschaft ist klar: Europa muss seine Rohstoffabhängigkeit dringend verringern, um wirtschaftlich und politisch handlungsfähig zu bleiben.
Chinas Bedingungen sind für Europas Innovationskraft eine Gefahr
Aktuelle Verhandlungsangebote von China fordern z.B. eine komplette Offenlegung der Lieferketten inkl. Einreichung von Produktionsplänen, um nachvollziehen zu können, wofür die seltenen Erden schlussendlich verwendet werden.
Je nach Branche kann dies dazu führen, dass europäische Unternehmen ihre Technologien komplett offenlegen müssen – und dadurch ihren letzten verbliebenen technologischen Fortschritt in manchen Bereichen auch noch verlieren werden.
Auch für die Rüstungsindustrie wird es durch strengere Kontrollen seitens China immer schwieriger werden, an benötigte Materialien zu kommen. China wird somit indirekt auch zur Kriegspartei und kann maßgeblich beeinflussen, wie stark sich Europa – und natürlich auch die USA mittelfristig aufrüsten können.
Videos zum Thema Abhängigkeit von China bei seltenen Erden & Rohstoffen
Fazit: Ein Weckruf für Europa
Die Situation mit den Seltenen Erden ist ein Weckruf für Europa. Wenn China den Export weiter einschränkt, sind Produktionsstopps in Schlüsselindustrien wie Auto, Maschinenbau und Verteidigung nicht auszuschließen. Noch sind die Folgen begrenzt, doch die Warnzeichen mehren sich.
Europa muss daher schnell handeln: Rohstoffquellen diversifizieren, Recycling ausbauen und technologische Alternativen fördern. Nur so lässt sich die Abhängigkeit von China mindern und die wirtschaftliche Stabilität sichern. Der strategische Umgang mit Seltenen Erden ist heute schon Chefsache – denn ein erneuter Produktionsstillstand wäre eine Katastrophe für die europäische Industrie.